#1

Chinese

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Way of Life
25.07.2014 19:41
von Jensen Coleman • 283 Beiträge

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#2

RE: Chinese

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Way of Life
25.07.2014 19:50
von Jensen Coleman • 283 Beiträge

<--- St. Tropez Bar

"Danke Lu" bedankte ich mich bei dem Mitarbeiter des kleines Chinesen zu welchem ich sehr gerne ging und das schon mein halbes Leben lang. Das Restaurant lag nicht in der besten Gegend der Stadt aber ich war in dieser Gegend aufgewachsen und kein Chinese war bis jetzt besser als dieser.

Als ich das ganze Geld erbte wollte ich dem Geschäftsführer des Ladens, Ze Ren, anbieten ihn zu sponsern um seinen Laden zu vergrößern doch er lehnte ab. Er mochte seinen kleinen Laden und wollte hier bleiben denn er war zufrienden mit dem was er hatte. Ich kannte Ze Ren schon mein halbes Leben und genau dieser Ort hier war der einzige in der ganzen Stadt an welchem ich den geschäftsführer in mir ablegen konnte und einfach nur ich sein konnte. Zumindest das was davon übrig geblieben war. Kaum einer kannte mich hier aus der Gegend noch und das war gut so. Vermutlich hätten sie mich mit dem Designer Anzug und der Krawatte auch nicht wieder erkannt.

Der heutige Tag trieb mich einfach hierher. Ich kam meistens dann hierher wenn ich einfach nur abschalten wollte und nach dem heutigen Treffen mit Kat und dann auch noch der Begegnung mit Alexis musste ich irgendwo hin um mich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Zwar schlummerte immer noch diese Wut in mir aber da hier keiner kommen und mich dumm anmachen würde konnte ich versuchen zu entspannen.

Ich trank meinen Tee und aß meine Nudeln während ich nebenbei die Zeitung von heute durchblätterte und nicht aufsah als sich die Tür des Restaurants öffnete.




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#3

RE: Chinese

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Way of Life
25.07.2014 23:22
von Katlyn Moore • 71 Beiträge

cf: Große Wiese

Natürlich hatte sich die Stadt in den letzten zehn Jahren mächtig gewandelt. Neue Freunde finden war zwar schon mal ein Ansatz, doch nahm ich mir vor dies in der Sicherheit des Viertels zu versuchen, in dem ich aufgewachsen war. Der Abend war mild und so wurde aus dem angedachten Abend in einer Bar oder Disco, ein faszinierter Spaziergang durch die alte Zeit. Auch hier hatte sich einiges gewandelt, doch es gab vieles das ich wiedererkannte. Ein so heimisches Gefühl überkam mich, dass ich fast hätte weinen können. Hier fühlte sich alles noch so vertraut an.

Mit einem Mal stieg mir ein köstlicher Geruch in die Nase und mit einem ungläubigen "Das kann doch nicht wahr sein", bog ich um die Straßenecke. Doch tatsächlich, der Urheber des Geruchs schien immer noch der selbe zu sein, heute wie damals. An dem Laden von Ze Ren hatte sich äusserlich kaum etwas geändert, auch sein Name stand noch über der Tür. Als Jugendliche war ich oft hier gewesen. Nicht nur weil das Essen bezahlbar war, auch weil es einfach wunderbar schmeckte.

Der Duft hatte meinen Appetit geweckt. Zielstrebig betrat ich den Laden, der ziemlich voll aussah. Eine Frau die vielleicht in meinem Alter war, kam mir entgegen und machte ein enttäuschtes Gesicht. "Es tut mir leid. Wir haben keine Tisch frei, im Moment."

Na wunderbar, das passte ja mal voll in meinen Tag. "Ist nicht schlimm", beruhigte ich die Frau, wobei es mir schwer fiel die Enttäuschung nicht zu zeigen. "Haben sie noch die Kanton Nudeln auf der Karte? Dann nehm ich die einmal mit. Und einen Hühnerspieß mit Erdnusssoße", fügte ich nach kurzem Zögern hinzu. Das hatte ich schon ewig nicht mehr gegessen, obwohl ich früher dafür getötet hätte.

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#4

RE: Chinese

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Way of Life
25.07.2014 23:45
von Jensen Coleman • 283 Beiträge

Während ich den Politik Teil las bekam ich am Rande mit wie eine der Mitarbeiterinnen ein Gespräch mit einer Kundin began welche aufgrund des Platz Mangels verströstet werden musste doch ich reagierte darauf nicht wirklich aber als die Kundin weiter sprach stockte ich.

"Haben sie noch die Kanton Nudeln auf der Karte? Dann nehm ich die einmal mit. Und einen Hühnerspieß mit Erdnusssoße", hörte ich eine Stimme sagen welche mir verdammt bekannt vorkam und welche erst heute Mittag noch mit mir gesprochen hatte. Ich sah von der Zeitung auf um mich zu vergewissern ob ich Recht hatte und tatsächlich stand sie da.

Ich hatte ein negatives Gefühl in meiner Magengegend erwartet aber stattdessen kam es mir vor wie ein Deja Vu.
Wie ich damals als Teenager in diesem Laden saß und mit ihr hier gegessen hatte und das nicht nur ein paar Mal. Wir waren verdammt oft hier denn wir waren immer froh nicht zuhause zu sein. So wie Teenager eben waren.

Genau diese Erinnerungen kamen mir hoch als ich sie in diesem Laden sah und es war als ob das heute Mittag alles nicht geschehen war. Als ob mein Gehirn außerhalb meines Hotels anders arbeiten würde. "Hier ist noch was frei" rief ich also etwas lauter und war mir nicht wirklich sicher ob sie es annehmen würde aber es erschien mir irgendwie richtig es anzubieten.




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#5

RE: Chinese

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Way of Life
26.07.2014 00:06
von Katlyn Moore • 71 Beiträge

Die Mitarbeiterin nickte erleichtert und wollte sich wohl eindeutig geschäftig zur Küche aufmachen, als sich jemand zu Wort meldete, den ich als letztes hier erwartet hätte.

Die Bedienung nutzte die Gelegenheit zu verschwinden, auch wenn sie meinen total verwunderten Gesichtsausdruck mit erstaunen zur Kenntnis genommen hatte. Bis ich mich Jensen zuwandte, hatte ich meine Züge jedoch wieder unter Kontrolle.

"Dich hätte ich wirklich nicht erwartet hier zu sehen", sagte ich offen das erste, was mir durch den Kopf ging. Es klang jedoch wirklich nur verblüfft und nicht feindseelig. Die Tatsache das wir tatsächlich beide zur selben Zeit hier waren, war seltsam sureal.

Selbst das Essen das er sich bestellte, hatte sich nicht geändert.

Dann erst sickerte bei mir durch, dass er mir gerade hier einen Platz angeboten hatte. "Sicher", fragte ich ihn mit skeptischer Miene und musterte ihn mit leicht schiefgelegten Kopf. Jedoch blitzte es in meinen Augen kurz auf. "Ich kann immer noch nicht mit Stäbchen umgehen", warnte ich ihn vor.

Irgendwie sah er nicht so aus, als ob er Gesellschaft gesucht hätte. Bis eben hatte er sich wohl hinter der zeitung vergraben. Doch er hatte in seinem Büro keine falschen Höfflichkeitsfloskeln an den Tag gelegt, weswegen ich nicht glauben konnte, dass es jetzt eine reine Höflichkeitsgeste war. Ich traute es ihm durchaus zu, dass er mich einfach hätte stehen lassen und hinter der Zeitung geblieben wäre, wenn ihm nicht danach gewesen wäre.

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#6

RE: Chinese

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Way of Life
26.07.2014 00:26
von Jensen Coleman • 283 Beiträge

Als sie mein Angebot tatsächlich annahm und sie zu mir an den Tisch kam geschah etwas womit ich selber nicht gerechnet hatte: Ein ehrliches Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht als sie das mit den Stäbchen ansprach. "All die Jahre und Stäbchen sind immer noch dein Feind. Manchen ändert sich wohl nie" kam es von mir aber in einem neckenden Ton. "Und ja ich komme öfters hierher. Ist irgendwie eine Gewohnheit" gab ich auf ihre erste Aussage zurück. Als die Kellnerin ihre Bestellung aufnahm und wir wieder alleine waren wurde es immer seltsamer. Wir saßen sogar an dem selben Tisch wie sonst immer aber ich wusste nicht ob sie es merken würde.

Als ich sie betrachtete in dieser gewohnten Umgebung bekam ich plötzlich noch etwas womit ich nicht gerechnet hätte und zwar sowas wie ein schlechtes Gewissen und es überraschte mich das ich sogar bereit wäre ihr das zu sagen das mein Verhalten ihr gegenüber scheiße war aber ich hatte das Gefühl das es an diesem Laden lag. Dieser Ort hier ließ mich oft vergessen wer ich mittlerweile war.

"Zufällig in der Gegend gewesen?" fragte ich sie also um sie nicht total anzuschweigen und schlimmer als mein Gespräch mit Alexis konnte es wohl kaum werden. Obwohl...

War es eine gute Idee mit Kat hier zu sitzen? Alte Erinnerungen hoch kommen zu lassen? Ich durfte mir es eigentlich nicht erlauben




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#7

RE: Chinese

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Way of Life
26.07.2014 00:49
von Katlyn Moore • 71 Beiträge

Im Grunde war es damals kein Beinbruch, dass meine Stäbchen beim essen immer ein Eigenleben zu führen schienen. Unsere Klamotten waren billig und wozu gab es Waschmaschinen? Heute sah es etwas anders aus, denn sein Anzug war bestimmt nicht billig gewesen. Und natürlich beherrschte er die Stäbchen immer noch so wie früher.

Das Grinsen was sich auf seinem Gesicht ausbreitete, veränderte ihn total und ich fragte mich, ob ihm das überhaupt bewusst war. Oder eher ob ihm bewusst war, wie er ohne dieses Lächeln wirkte. Ich setzte mich ihm Gegenüber, während er den Besuch hier als alte Gewohnheit preisgab. "Wohl eher eine Sucht. Du hast schon damals keine Woche ohne die Nudeln überstanden."

Ich gab nochmal meine Bestellung auf und es breitete sich kurz ein Schweigen aus. Ich nutzte den Moment, um mir den Laden anzusehen. Das Aquarium stand immer noch genau neben diesem Tisch, nur die Fische darin hatten sich geändert. So hoffte ich zumindest. Gott, wir saßen sogar an den selben Plätzen wie früher.

Jensens Frage lenkte meine Aufmerksamkeit von den glotzäugigen Fisch der uns beobachtete weg zu Jensen, der eindeutig der bessere Anblick war.

"Zufällig in der Gegend gewesen?"

"Nein, nicht zufällig. Sagen wir einfach, ich war heute masochistisch veranlagt und wollte mir ansehen, was aus der Gegend geworden ist." Zwar grinste ich, aber es steckte auch ein Körnchen Wahrheit in der Aussage, denn manche Veränderung war schon schmerzhaft oder der Anblick des Wohnblocks, wo meine Familie früher gewohnt hatte. Beziehungsweise der Nicht-Anblick, denn er war abgerissen worden und einem Bürogebäude gewichen.

"Jetzt wohne ich mit King George quasi auf der anderen Seite der Stadt." Mein Getränk kam. Von dem langen Spaziergang im alten Viertel durstig, nahm ich einen großen Schluck von dem bestellten Ginger Ale. Mit einem Zwinkern legte die Bedienung zwei Glückskekse auf den Tisch und verschwand wieder.

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#8

RE: Chinese

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Way of Life
26.07.2014 01:01
von Jensen Coleman • 283 Beiträge

Beinahe hätte ich den Tee wieder in die Tasse gespruckt als sie mir antwortete. "King George?" fragte ich daher etwas überrascht und hoffte das sie sich keinen Kerl geangelt hatte der sich selber als King betitelte. "Bitte sag mir es ist ein Haustier und kein Kerl" sagte ich daher und stellte die Tasse wieder auf den Tisch und griff nach einem der Glücks Kekse denn es wäre unhöflich sie nicht zu öffnen. Ich reichte Kat den anderen und schaute was meiner für mich beeinhaltete.

"Am meisten fühlt man sich von Wahrheiten getroffen, die man sich selbst verheimlichen wollte" stand auf meinem was mich ehrlich gesagt schlucken ließ und Gedanken in mir hochkommen ließ die ich schnell wieder verdrängen wollte aber gerade hier in diesem Restaurant, in dieser Ecke der Stadt war es so schwer das zu vergessen was geschehen war.

Das Kat heute wohl masochistisch verlangt war konnte ich nur all zu gut verstehen. Ich würde es niemals aussprechen aber ich kam auch in dieses Restaurant um mich daran zu erinnern wo ich her kam und für was ich das alles im Hotel tat.




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#9

RE: Chinese

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Way of Life
26.07.2014 01:40
von Katlyn Moore • 71 Beiträge

Seine Frage nach King George ließ mich lachen. "Oh, King George wäre beleidigt, wenn ich sie Kerl nennen würde", grinste ich und kostete die Verwirrung aus. "Meine Katze. Irrtümlicherweise erst als Kater identifiziert. Frag lieber nicht was wir dort irrtümlich für die ..." Ich sah ihm in die Augen und brach mit einem Winken der Hand ab.

Stattdessen öffnete ich den Glückskeks und las die Botschaft darin.

Das Leben ist ein Prozess, der die unwahrscheinlichsten Zufälle verwirklicht. Einen Moment starrte ich noch ungläubig auf den Zettel und schob ihn dann Jensen zu, mit einem kurzen Schnauben das im Grunde belustigt klingen sollte, aber es nicht so ganz traf.

"Finde nur ich das jetzt unheimlich?" Ich wusste nicht, was auf Jensens Zettel stand und in der Regel waren es ja nur irgendwelche dummen Sprüchen. Doch der hier passte gerade derart auf den Abend, dass es mir wirklich nicht ganz geheuer war.

Mein Essen kam und es wurde wieder ruhiger am Tisch, auch weil ich den Kampf mit den Stäbchen aufnahm und mich konzentrierte, was diesmal auch wirklich halbwegs hinhaute. Wie früher behielt ich die anderen Gäste dabei im Blick. Der Tisch schräg hinter Jensen war da noch der Beste.

"Okay, Typ Staatsanwalt gegen Scampi. Die Scampi liegt 2:0 vorne", murmelte ich gerade mal so laut, dass Jensen mich verstehen konnte. Was übersetzt hieß, der Typ mit der Halbglatze am Tisch hinter Jensen hatte seine Scampi bereits 2x fallen lassen und es somit nicht geschafft, diese zu essen. Natürlich merkte der Mann, dass ich ihn im Blick hatte und ich setzte eine Unschuldsmiene auf und rutschte ein wenig zur Seite, wie zufällig, aber in voller Absicht, da ich so Jensen als Blickschutz nutzen konnte. Dann spitzelte ich an ihm vorbei und grinste ihn an.
"Scampi überholt unerlaubt von Rechts." Kaum gesagt, hechtete besagtes Meerestier auch schon von den Stäbchen, ein unterdrückter Fluch erklang und man hätte meinen können der Scampi unternahm sein bestes, um das Aquarium nochmal zu erreichen.

"3:0", stellte ich noch leise fest und kämpfte gegen den Lachreiz, um mich erneut hinter Jensen vor den Blicken zu verstecken.

Letztlich hatte ich mein Essen ohne größere Unfälle hinter mich gebracht und das Lokal hatte sich wieder ein wenig gelehrt. Es hatte genauso gut wie in meiner Erinnerung geschmeckt und der ganze Abend fühlte sich irgendwie so sehr wie damals an, und doch auch wieder nicht, weil ein Blick auf Jensen genügte um zu sehen, dass er nicht mehr der Junge von damals war.

Nachdenklich spielte ich mit dem Zettel des Glückskeks, wickelte ihn um den Finger und ließ ihn wieder aufschnalzen. Zum Abschluss hatte ich mir einen warmen Pflaumenlikör kommen lassen, auch etwas das es früher nicht gegeben hatte. Auch wenn es hier und da vielleicht ein wenig verkrampft war, konnte man den Abend nicht mit dem Treffen heute im Büro vergleichen.

"Ich hab das Gefühl, dir eine Erklärung zu schulden", nahm ich das Gespräch wieder auf, nachdem für ein paar Minuten schweigen geherrscht hatte, dass aber weder peinlich noch unangenehm gewesen war. Vielmehr war jeder von uns in seinen eigenen Gedanken versunken gewesen. "Ich bin damals einfach verschwunden und ich weiß, der Jensen von damals wird vermutlich wütend und enttäuscht gewesen sein."

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#10

RE: Chinese

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Way of Life
26.07.2014 01:50
von Jensen Coleman • 283 Beiträge

"Ich glaub nicht wirklich an Zufälle" gab ich als Antwort zurück und versuchte das ganze wieder neutraler werden zu lassen denn sie sollte nicht denken ich war der selbe denn das war ich nicht. Das was sie danach tat war genau so eine Sache. Wir hatten sowas früher immer getan und die Leute hier beobachtet aber ich konnte über sowas nicht mehr lachen. Ich war dafür zu angespannt im inneren. So etwas gehörte sich nicht mehr für mich und als sie das wohl einsah und damit aufhöre war ich über die Stille nun froh denn langsam wurde es doch seltsam zwischen uns. Ich war nun mal der der ich heute war und das ließ sich nicht mehr rückgängig machen.

Ihre Worte welche die Stille durchbrachen ließen mich aufsehen zu ihr und sie tat etwas was mich sofort zu Stein erstarren ließ. Augenblicklich gefror meine gesamte Haltung als sie diesen Tag ansprach. Der Anfang vom Ende. Der Tag den ich soweit nach hinten verschoben hatte das ich ihn auf keinen Fall wieder hervor kramen wollte. Ich kämpfte mit aller Macht gegen die Bilder die in meinem Kopf sich abspielen wollten.

"Mein Leben ging weiter" war meine nüchterne Antwort während ich alles dafür tat dass das was in mir broddelte nicht zum Vorschein kam.
Nie wieder würde ich diesen gottverdammten Tag vergessen an dem meine beste Freundin mich verließ. Als mich das Mädchen verließ welches ich....
Nein, ich konnte diesen Gedanken nicht mal zuende denken.

"Du musst mir nichts erklären Kat" fügte ich noch hinzu und trank meinen Tee aus. Mein Fluchtinstinkt meldete sich zu Wort doch ich behielt die Kontrolle und blieb sitzen.




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#11

RE: Chinese

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Way of Life
26.07.2014 09:28
von Katlyn Moore • 71 Beiträge

Ich konnte sofort sehen, dass es keine gute Idee gewesen war mein Verschwinden von damals anzusprechen. Jensen bekam wieder diese steife Haltung, die ihn auch schon im Hotel ausgezeichnet hatte und die Antwort war knapp und kühl. Er hätte mir nicht mehr sagen müssen, dass er keine weiteren Erklärungen wollte, die Nachricht kam auch so an.

Über den Tisch hinweg verfolgte ich, wie er knöchern die Teetasse anhob. Für einen Moment stritt sich mein Bedürfnis den eigentlich ganz netten Abend nicht kippen zu lassen mit meinem Bedürfnis die Sache von damals zu klären. Oh man, so weit war ich also schon, dass ich einen verkrampften Abend mit Jensen beim Chninesen als eigentlich nett empfand. Ich war wirklich allein und verzweifelt. Oder immer noch hoffnungslos meiner alten Jugendliebe verfallen. Beides war nichts, worauf ich stolz war.
..
"Ich denke schon, denn auf einmal ist da wieder der Stock, der scheinbar so mächtig drückt, dass sogar dein Gesicht versteinert", erklärte ich schonungslos. Wenn ihn die Sache so wenig juckte, warum sah er dann auf einmal aus, als würde er am liebsten Steine kauen? Oh nein, ich wusste der alte Jensen wäre wütend, enttäuscht und verletzt gewesen und das alles war irgendwie noch da und vermutlich nicht unschuldig an seiner harten Reaktion im Büro.

"Ich weiß selber, dass das hier zu spät kommt und ich erwarte auch gar nicht, dass du mir verzeihst. Aber lass mich dir wenigstens das erklären, wozu ich damals zu feige gewesen bin. Bitte, Jey." Den ganzen Abend über hatte ich den alten Kosenamen nicht benutzt, einfach weil sich der Abend trotz allem nicht danach angefühlt hatte.

Er war nicht begeistert, ganz und gar nicht. Und das machte es nicht gerade leichter für mich und Jensen unternahm auch nichts, um daran etwas zu ändern. Für ihn war es scheinbar schon genug Zeichen des Entgegenkommens, dass er nicht sofort aufstand und ging.

Bei dem Versuch mich zu sortieren, spielte ich mit dem leeren Porzellanbecher, in dem er Pflaumenwein serviert worden war. "Du erinnerst dich an den Abend, als wir alle auf dem Spiel unserer Mannschaft gewesen sind?" Uns war es damals schon weniger um den Sport an sich gegangen, aber es war eine gute Gelegenheit wo alle zusammenkamen und wir zusammen Spaß haben konnten. Der Abend war mehr als nur lustig gewesen und auch wenn Jensen und ich es uns nicht eingestanden, so hatte mein Bruder mich auf dem Heimweg damit aufgezogen, dass dort aber mächtig die Funken sprühten. Es war eine brüderliche Neckerei und so ganz ernst nahm er es wohl auch nicht, denn das hier war Jensen, sein Kumpel und eben seine kleine Schwester.

Das war eine Woche vor unserem Umzug nach Detroit gewesen. "Als Kevin und ich heimkamen, wartete schon der Familienrat. Mein Vater hatte alles versucht, um den Worst Case zu vermeiden. Aber er hatte seine Arbeit verloren. Bereits Wochen zuvor. Und jetzt stand er vor einem Berg Schulden und dem Nichts. Es war ihm und meiner Mom so peinlich gewesen, dass er weiterhin jeden Morgen aus dem Haus gegangen ist, nur damit wir denken er fährt immer noch zur Arbeit. Der Dodge? Er war damals nicht so lange aufgrund eines Werkstattfehlers weg. Der Wagen war schon lange verkauft. Hätte ihm ein ehemaliger Arbeitskollege nicht geholfen, hätten wir noch nicht mal die Möbel nach Detroit gebracht. Wir mussten trotzdem einiges hier lassen und es kam nur das Nötigste mit."

Über die erste Zeit in Detroit wollte ich gar nicht sprechen, denn bis meine Familie dort halbwegs Fuß gefasst hatte, mussten wir doch auf einiges verzichten. "Alles was an Bargeld verfügbar war, floß in diesen Umzug, weil mein Vater dort eben eine Arbeit gefunden hatte und alles auf diese Karte setzte. In dem einen Moment waren wir noch Abends unterwegs und am nächsten Tag hatte ich nicht mal mehr das Geld um mit dir ins Kino zu gehen." Das war kein Sinnbild, sondern ein echter Fakt. Ich hatte den geplanten Kinobesuch bei Jensen mit einer mehr als schwammigen Begründung abgesagt.

"Unsere Familien hatten nie viel Geld gehabt, Jensen. Und das war okay so, ich meine wir hatten doch alles was wir brauchten, oder? Aber auf einmal musste ich jeden Cent sprichwörtlich zweimal umdrehen. Ich konnte meinen Vater auf einmal verstehen, warum er uns Kindern solange etwas vorgespielt hatte. Es war peinlich. Und selbst wenn ich es dir erzählt hätte, es hätte nichts geändert, denn was hätten wir schon groß machen können? Brieffreunde bleiben?" Ich hob sarkastisch die Braue. Anfangs mussten wir sogar die Telefonate auf das Nötigste beschränken, ganz zu schweigen von der Utopie einfach mal einen kleinen Abstecher zurück nach Malibu zu machen.

"Wir hätten uns so oder so aus den Augen verloren und so war es ein sauberer Schnitt. Einen Abschied auf Raten ..." Ich verstummte kurz und schluckte die aufsteigenden Gefühle und Erinnerungen herunter. Ich hatte damals einiges geweint auch später noch in Detroit und trotzdem wusste ich es wäre noch viel schlimmer gewesen zuzusehen, wie Jensen und diese Freundschaft mir langsam entgleitet. Doch bei aller Offenheit, konnte ich das Jensen nicht sagen. Hauptsächlich deswegen, weil er es nicht hören wollte. Es würde für ihn heute wohl kaum noch eine Rolle spielen. ". es erschien mir nicht richtig. Damals", änderte ich deswegen den eigentlichen Verlauf des Satzes ab.

Ich sah auf und sein Verhalten während meiner Erklärung hatte mich schon dahingehend vorbereitet, dass ich hier nicht einer Art Vergebung zu rechnen hatte. Und auch wenn ich mir so etwas im Grunde meines Herzens von ihm wünschte, war das nicht der Antrieb gewesen, warum ich es erzählt hatte. Es war einfach nötig gewesen. Etwas das schon vor zehn Jahren fällig gewesen wäre, nur war ich damals zu jung und zu ängstlich, um dazu zu stehen.

zuletzt bearbeitet 26.07.2014 09:32 | nach oben springen


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